Tag 8: Afrika und Europa so dicht und doch so fern
Freitag, 21.01.2022
Meine Schicht beginnt um 21:00, der Mond ist noch nicht aufgegangen und ich kann daher den schwarzen Himmel genießen und sehe endlich mal wieder die Milchstraße.
Die Straße von Gibraltar ist in Sicht. Ich bin (wieder) sehr erstaunt, wie nah Afrika und Europa zusammen liegen. Ich kann die hell erleuchteten Häuser auf beiden Seiten gut erkennen. Wenn ich es geografisch nicht wüsste, würde ich nicht erkennen können, was Afrika und was Europa ist. Es ist verständlich, warum es für viele verlockend ist, mal eben den kleinen Weg per Schlauchboot zu nehmen, zu nah scheint das Paradis zu sein. Doch mit dem Video von gestern ist klar, wie grausam die See sein kann. Und dabei hatten wir für die Region eher normale Bedingungen.
Unser Skipper Anthony erzählt mir eine Geschichte einer Bekannten im Segelboot, die ein in Seenot geratenes Flüchtlingsboot unterstützen wollte, doch die Geschichte ist zu düster für diesen Blog und stimmt mich dennoch nachdenklich. Wir verhältst du dich in so einer Situation richtig? Du rufst die Seenotrettung und weißt doch, dass keiner kommt, solange du nicht auch selber in Seenot gerätst.
Zum Glück wird es gerade hell, als ich Gibraltar ansteuere. Auf dem Plotter wimmelt es nur von Schiffen und in bin froh, dass ich nun besser sehen kann: welcher Tanker ankert, welcher fährt in welche Richtung? Ich fahre etwas Slalom durch das Gewusel von Schiffen.
Anthony weist mir den Weg zur Tankstelle auf der britischen Seite, wo der Liter nur 0,72 Pfund statt 1,60€ kostet.
Wir müssen direkt an der Startbahn des Flughafens Gibraltar vorbei. Wenn ein Blitzlicht erscheinen würde, müssten wir warten, weil eine Maschine startet oder landet. Die PAPI-Anzeige (links und rechts der Runway) zeigt je 4 rote Lampen und damit, dass wir deutlich zu tief den Flughafen anfliegen ;-)
Nach 7 Tagen mal wieder an Land. Ich stehe an der Tankstelle, schwankt der Tankanleger? Nein, er ist betoniert. Das Phänomen kenne ich von einem Rund-Mallorca-Törn: Landkrankheit, der Körper vermisst das Schaukeln.
Nach dem Tanken geht es dann in den nächsten Hafen nach Spanien zum Hafenmeister. Anthony hilft mir beim Anlegen geduldig. Ich muss das noch häufig üben, um da sicher selbst "einparken" bei allen Wind- und Strömungskonstellationen zu können. Anders als beim Auto, treibt ein Schiff einfach weiter, es gibt keine Bremse in dem Sinne.
Nach einer Woche nonstop auf See ist es auch mal wieder schön, an Land zu sein. Wir räumen das Schiff auf. Die Bedingungen der letzten Tage hat doch einiges vertüddeln lassen (Reffleinen, Segeltasche/Lazyjacks, ...)
Unsere Ess- und Trinkreserven sind mittlerweile aufgebraucht. Wir hatten eigentlich mit einem Zwischenstopp in Cascais kalkuliert. Nun können wir alles wieder auffüllen, bleiben noch zwei Nächte hier, bevor es Montag früh weitergeht.