Tag 5: Planänderung - möglichst schnell non-stop nach Gibraltar
Dienstag, 18.01.2022
Direkt nach Gibraltar, kein Stopp in Cascais bei Lissabon
Um 2:45 klingelt mein Wecker bereits an der portugiesischen Weste, nördlich von Coimbra. Thomas hat gerade Schicht und alleine die Segel gehisst (gesetzt). Nun machen wir endlich wieder ordentlich Fahrt durchs Wasser (7-8 Knoten), allerdings mit Motorunterstützung, da wir nun doch direkt nach Gibraltar durchfahren möchten, um noch ein passendes Windfenster für die Durchfahrt nutzen zu können. Sollten wir es nicht rechtzeitig schaffen, könnten wir vor der Straße von Gibraltar einige Tage festsitzen, weil dann der Wind zu stark von vorn blasen würde). In der Straße von Gibraltar entsteht durch den sogenannten Düseneffekt oft recht starker Wind mit hohen Wellen. Nicht nur alle Schiffe müssen sich da durch zwängen, auch der Wind. Entweder rauschst du mit Rückenwind und Karacho durch oder kämpfst gegenan. Aktuell haben wir östliche Gegenwinde.
Heizjacke und Akkuflex
Kurz vor Schichtende gegen 2:30 ist es mir im Wind doch zu frisch. So habe ich noch meine Metabo-Heizjacke geholt und untergezogen. Irgendwie fühlt sich das wie Schummeln an, aber es hilft. Die Akkus meiner Akkuwerkzeuge passen auch in die Jacke, wie praktisch. Ein wichtiges Werkzeug für den Notfall, der nie eintreten wird: die Akkuflex, um bei Mastbruch oder ähnlichem den Mast ins Meer zu verabschieden, indem alle Wanten (Drahtabspannseile am Mast) schnell durchtrennt werden.
Pimp my Internet und Videokonferenz - wir hissen den Router


Heute um 13:00 hatten Klaas und ich eine Videokonferenz bei POLYAS, wo wir zusammen arbeiten. Ich hatte einen Redebeitrag und die Mobilfunkverbindung musste passen. Deshalb hatten wir bereits gestern Abend den Kurs so angepasst, dass wir näher zur portugiesischen Küste bei Aveiro kamen, ein kleiner Umweg, aber „wat mutt, dat mutt“. Die Küste von Portugal ist außerhalb von Hafenstädten nicht wirklich gut mit Mobilfunk ausgeleuchtet.
Thomas hatte daher die Idee, meinen Internetrouter, der zum Glück auch auf Akkubetrieb funktioniert, kurzerhand zu hissen. Gesagt - getan. Der Datendurchsatz verdreifachte sich, so dass die Videokonferenz unter Segeln perfekt gepasst hat. Wir hatten den schönsten Videohintergrund, keine Frage.
Top Gun
Weiter geht‘s unter Motor bei strahlendem Sonnenschein. Es jagen zwei Düsenfighter dicht über das Meer an uns vorbei, fliegen Kurven. Anthony (übrigens auch Pilot) und ich stehen auf der Flybridge, schauen uns kurz an, sind uns ohne Worte einig: beide träumen wir uns zumindest für einen Augenblick in das Cockpit der Fighter. Wir tauschen noch ein paar Erlebnisse aus der Welt der Aviation aus.
Obacht vor Fischernetzen
Die Voyager-Crew muss nun mehr acht auf Bojen geben, hier gibt es bis Cascais zunehmend mehr Fischernetze. Manche sind besser gekennzeichnet, manche nicht. Insbesondere die Netze mit wertvollen Hummer seien wohl etwas schwerer zu sehen, insbesondere bei Nacht. Warum nur? Gut, dass Vollmond ist. Die Gefahr bei Fischernetzen liegt darin, dass sie leicht in die Schiffsschrauben geraten können. Dann wäre Tauchen mit einem Messer zwischen die Zähne geklemmt angesagt. Zum Glück habe ich Neopren-Anzüge dabei ;-)
Schichtpläne schreiben heißt nicht, sie auch selbst lesen zu können
Mein Wecker geht um 23:45 für die Schicht ab 0:00. Ich habe dementsprechend vorher etwas geschlafen. 15 Minuten sind sehr knapp, bis alles angezogen ist (mehrere Lagen anziehen, Stiefel, Schwimmweste, Notsender, Handschuhe, Mütze, Akku für die Heizjacke etc.) Doch auf der Brücke stehen bereits Klaas und Thomas zur Übergabe und fragen mich verdutzt, was ich denn hier so wolle? Ich hätte heute doch meine Freischicht und den Plan selber gemacht! Oups, stimmt. Jetzt bin ich wach und kann dann halt noch eben diesen Blog schreiben. Gute Nacht.
